KÜNSTLERKOLONIE NIDDEN
Malen in freier Natur
Die Kurische Nehrung ist so merkwürdig, dass man sie eigentlich ebenso gut als Spanien und Italien gesehen haben muss, wenn einem nicht ein wunderbares Bild in der Seele fehlen soll.
(Wilhelm v. Humboldt 1809, in einem Brief an seine Frau)
In den 1890er Jahren entstand die Künstlerkolonie Nidden im damaligen Ostpreußen, dem heutigen Nida in Litauen. Diese Kolonie wird gern als das „Worpswede des Ostens“ bezeichnet. Bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs kamen die Malerinnen und Maler auf die Kurische Nehrung, den schmalen Landstrich zwischen Ostsee und Kurischem Haff, in den Fischer- und Badeort Nidden. Sie reisten aus dem nahegelegenen Königsberg an, wo viele von ihnen an der dortigen Kunstakademie studiert oder wie Ludwig Dettmann sogar Landschaftsmalerei gelehrt haben.
Aber auch aus Berlin und Dresden hielten sich zeitweilig Künstler in Nidden auf; neben Lovis Corinth so bedeutende Expressionisten wie Max Pechstein und Karl Schmidt-Rottluff. Auch der Schriftsteller Thomas Mann baute sich in Nidden ein Ferienhaus und verbrachte die Sommer von 1930 bis 1932 als Gast auf der Nehrung. Sein Nachbar auf dem Schwiegermutterberg war der aus dem Rheinland stammende Maler Carl Knauf (geb. 1893), der bis zu seinem frühen Tod 1944 in Nidden lebte.
Die Gründung der Künstlerkolonie Nidden fiel in eine Zeit, in der sich in ganz Europa ähnliche Künstlergruppen bildeten. Fernab der Großstädte ließen sich Künstlerinnen und Künstler vor allem in den Sommermonaten an Orten mit einer reizvollen Natur- und Kulturlandschaft von ihrer Umgebung inspirieren.
Ihre Unterkunft fanden sie zum Teil in den örtlichen Gasthäusern. In Nidden kamen sie im Gasthof von Hermann Blode, der gern auch als „Künstlervater“ bezeichnet wurde, unter. Der Gasthof wurde 1867 eröffnet und existiert bis heute. Die Kunstschaffenden hatten dort ihre eigene Künstlerecke, in der gesellig beieinandergesessen und debattiert werden konnte. Unter diesen Gästen war auch der Expressionist Ernst Mollenhauer, der später Blodes Schwiegersohn wurde. Die Freiluftmalerei, also das Erleben und Festhalten des Gesehenen direkt in der Natur, bei jedem Wetter und zu unterschiedlichen Tages- und Jahreszeiten, war für die Malerinnen und Maler dabei von großer Bedeutung.
Mit seiner besonderen geografischen Lage bot das damals noch ursprüngliche Fischerdorf Nidden die idealen Voraussetzungen für einen von Hektik und Fortschritt losgelösten Aufenthalt. Auf vielfältige Weise hielten die Künstlerinnen und Künstler unter freiem Himmel die Motive fest, die sie auf der Kurischen Nehrung suchten und fanden: das außergewöhnliche Licht, den Rhythmus des Meeres, die Kurenkähne mit ihren typischen Wimpeln, die Fischerhäuser mit ihrer blauen Dachberandung und das einfache Leben ihrer Bewohner, die beeindruckende Dünenlandschaft und den Friedhof mit den schweren Holzkreuzen. Es waren also die Ungestörtheit eines einfachen Daseins sowie die Ursprünglichkeit einer durch Licht und Weite herausragenden Landschaft.
Hiervon vermittelt die Ausstellung mit einer vielfältigen Auswahl an Ölbildern und Arbeiten auf Papier aus dem Ostpreußischen Landesmuseum in Lüneburg einen umfassenden, eindrucksvollen Überblick.
Neben Werken von Knauf und Mollenhauer erwarten Sie Arbeiten von Ernst Bischoff-Culm, Ottilie Ehlers-Kollwitz, Gerhard Eisenblätter, Gertrud Lerbs, Fritz Moeller-Schlünz, Heinrich Wolff und weiteren Künstlerinnen und Künstlern.
Öffentliche Vernissage: Samstag, 8. Juni, 17 Uhr
(Unkostenbeitrag: 1 Euro)
Und wenn Sie nicht zur Eröffnung kommen konnten, ist hier der Einführungsvortrag von Jan Rüttinger, M.A, Ostpreußisches Landesmuseum Lüneburg, als pdf zum Nachlesen.
Ausstellungsdauer: 8. Juni bis 1. September 2024
In Zusammenarbeit mit